Sie sind hier

01.10.2013

USA: Mitte Oktober droht die Zahlungsunfähigkeit

Zum ersten Mal seit dem Jahr 1996 müssen in den Vereinigten Staaten Bundesministerien und Behörden teilweise schließen. Demokraten und Republikaner fanden bis Mitternacht (amerikanischer Zeit) nicht zu einem Kompromiss im Haushaltsstreit. Damit fehlt Amerika zum Beginn des neuen Haushaltsjahres an diesem Dienstag ein gesetzliches Budget, um die Bundesausgaben zu finanzieren. Ohne Bewilligung aber kann die Regierung kein Geld ausgeben. Die Bundesregierung teilte den Behörden mit, dass sie eine ordnungsgemäße Schließung einleiten sollten.

In einem stundenlangen Hin und Her hatten zuvor die Republikaner mit mehreren Gesetzesinitiativen versucht, eine Übergangsfinanzierung der Regierung mit einem Aufschub oder Änderungen an der Gesundheitsreform zu verbinden, von der wichtige Regeln an diesem 1. Oktober in Kraft treten.

Der demokratisch bestimmte Senat wies die Entwürfe immer wieder zurück, weil die Demokraten Änderungen an der Gesundheitsreform „Obamacare“ ablehnen. Auf Druck der konservativen Tea-Party-Republikaner widersetzte der Sprecher des Abgeordnetenhauses, John Boehner, sich dem demokratischen Ansinnen, doch einfach über eine Haushaltsfinanzierung ohne weitere Anhängsel abzustimmen.

Sozialhilfe und Renten gibt es weiter

In dem aufgeheizten politischen Streit hatte Präsident Barack Obama den Republikanern nach am Nachmittag Erpressung vorgeworfen. Es gehöre zu den regulären Aufgaben des Kongresses, ein Budget zu beschließen. „Man erhält kein Lösegeld dafür, dass man seine Aufgaben macht“, mahnte Obama die Republikaner.

Wie lange der „Shutdown“ dauern wird, war zunächst unklar. Aufgelöst werden kann er nur, wenn die Parteien eine Budgetermächtigung beschließen.

Mit der „Schließung der Regierung“, wie die Amerikaner sagen, werden 800.000 bundesstaatliche Angestellte in den unbezahlten Urlaub geschickt. Die wichtigsten Regierungsaufgaben aber sind nicht betroffen: Flugsicherung, Verteidigung, die Auszahlung von Sozialhilfe und Renten. Noch am Montag hatte Obama einen Gesetzentwurf gegengezeichnet, mit dem sichergestellt wird, dass die Soldaten auch im Falle des Shutdowns bezahlt werden.

Sichtbar wird die Regierungsschließung beispielsweise an geschlossenen Nationalparks und Museen des Bundes. Die Weltraumagentur Nasa wird ihre Arbeit vorübergehend fast vollständig einstellen. Auch die Webcams im nationalen Zoo in Washington, mit denen ein Panda-Baby und seine Mutter beobachtet werden können, wird erlöschen.

Mitte Oktober prallt Amerika an die Schuldengrenze

Ökonomen warnen vor Belastungen für die fragile Konjunktur, weil zeitweise durch die nicht ausgezahlten Gehälter Nachfrage ausfällt. Ein längerer Shutdown würde auch die Unsicherheit unter den Konsumenten erhöhen. Unklar ist indes, ob der Nachfrageausfall später aufgeholt wird. Bei früheren Schließungen der Regierung wurden die Angestellten nachträglich für den Einkommensverlust entschädigt.

Die Nicht-Einigung wirft einen dunklen Schatten auf die bevorstehende nächste und wichtigere Runde im Fiskalstreit. Spätestens Mitte Oktober muss die gesetzliche Schuldengrenze von 16,7 Billionen Dollar angehoben werden, um eine Zahlungsunfähigkeit der Regierung zu vermeiden. Während der jetzt eingeläutete Shutdown eine unnötige, aber noch nicht dramatische Belastung der Wirtschaft darstellt, könnte der Verlust der Zahlungsfähigkeit zu heftigen Verwerfungen an den globalen Finanzmärkten führen.

Die letzte „Schließung der Regierung gab es 1995 und 1996. Damals stritten der republikanisch beherrschte Kongress und der demokratische Präsident William Clinton über Ausgabenkürzungen vor allem für die Gesundheitsvorsorge für Alte (Medicare). Die Republikaner drohten damit, die Schuldengrenze nicht zu erhöhen. Im Budgetstreit wurde Ministerien und Behörden im November 1995 für fünf Arbeitstage und über die Jahreswende 1995/1996 für 21 Arbeitstage in Teilen geschlossen.

FAZ vom 1. Oktober 2013