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16.02.2014

Keine Freizügigkeit für Kroaten in der Schweiz

Als erste Konsequenz aus dem jüngsten Volksentscheid „Gegen Masseneinwanderung“ hat die Schweiz ein geplantes Abkommen zur Öffnung ihres Arbeitsmarkts für Kroaten gestoppt.

Nach dem Volksentscheid zur Begrenzung der Einwanderung hat die Schweiz ein geplantes Abkommen zur Öffnung ihres Arbeitsmarkts für Kroaten gestoppt. Justizministerin Simonetta Sommaruga habe die kroatische Außenministerin Vesna Pusic telefonisch informiert, dass die Ratifizierung des bilateralen Abkommens in „seiner gegenwärtigen Form“ nicht mehr möglich sei, sagte ein Ministeriumssprecher am Samstag.

Die neue Verfassungsbestimmung untersage ab sofort den Abschluss völkerrechtlicher Verträge, die eine unbegrenzte Einwanderung bedeuten würden. Der Bundesrat prüfe nun mögliche Lösungen, die Kroatien nicht diskriminierten, teilte Sommaruga mit. Brüssel sei darüber informiert worden.

Die Schweizer hatten am vergangenen Sonntag bei einem Referendum mit einer knappen Mehrheit von 50,3 Prozent entschieden, die Einwanderung aus der Europäischen Union zu begrenzen. Die Regierung hat nun drei Jahre Zeit, den Beschluss umzusetzen, will aber bis spätestens Ende Juni einen Plan dazu vorlegen. Dieser soll noch vor Jahresende in einen Gesetzesentwurf münden, der dann dem Parlament vorgelegt werden soll.

Schweizer Volkspartei will Neuregelung beschleunigen

Der rechtpopulistischen Schweizer Volkspartei (SVP) als Initiatorin der Volksinitiative geht das nicht schnell genug: In der Zeitung „Schweiz am Sonntag“ warnte SVP-Präsident Toni Brunner vor einer „massiven Einwanderungswelle“, da die EU schon bald damit beginne, die volle Freizügigkeit auf alle ihre östlichen Mitglieder auszuweiten.

Die Schweiz ist kein Mitglied der Europäischen Union, doch hatten EU-Bürger bisher freien Zugang zum Arbeitsmarkt des Landes. Gemäß dem Abkommen mit Kroatien, das erst im vergangenen Juli der EU beitrat, sollten Kroaten binnen eines Jahrzehnts ebenfalls Zugang zu Schweizer Jobs erhalten.

Unterdessen brachte der Chef der Sozialdemokratischen Partei, Christian Levrat, einen weiteren Volksentscheid für den Fall ins Gespräch, dass die Schweiz im Zuge der Einwanderungsinitiative die bilateralen Verträge mit der EU kündigen muss. Die Bevölkerung müsse dann wählen können, ob sie weiterhin die Einwanderung begrenzen oder an den bilateralen Abkommen festhalten wolle, sagte Levrat der „SonntagsZeitung“ (SoZ). Nach seinen Angaben waren die Wähler davon ausgegangen, dass die Initiative „Gegen Masseneinwanderung“ nicht die bilateralen Verträge gefährde.

Gefährdet sind insbesondere sieben Abkommen aus dem Jahr 1999, die neben der Freizügigkeit die Teilnahme der Schweiz am EU-Binnenmarkt regeln. Für diese gilt die „Guillotine-Klausel“, nach der alle diese Abkommen ungültig werden könnten, wenn die Schweiz die Freizügigkeit aufkündigt. Nach einer in der Zeitung „SonntagsBlick“ veröffentlichten Umfrage lehnen 74 Prozent eine Kündigung der EU-Verträge ab, 19 Prozent sind dafür und sieben Prozent unentschieden.

FAZ vom 16. Februar 2014