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23.05.2013

Chinas Industrie schrumpft unerwartet

Das verarbeitende Gewerbe in China war im Mai erstmals seit sieben Monaten rückläufig. Der Einkaufsmanagerindex sank unter die Wachstumschwelle von 50 Punkten. Die asiatischen Aktienmärkte verzeichneten hohe Kursverluste.

Nach dem Höhenflug der vergangenen Monate haben enttäuschende Konjunkturdaten aus China der Börse in Tokio einen Kurseinbruch eingebrockt. Der Leitindex Nikkei sackte am Donnerstag um 7,3% auf 14.483 Punkte ab, nachdem er am Vormittag zunächst noch auf den höchsten Stand seit fünfeinhalb Jahren geklettert war. Das war der grösste Verlust an einem Tag seit zwei Jahren.

Kursrutsch des Nikkei

Das verarbeitende Gewerbe in China ist im Mai erstmals in sieben Monaten wieder geschrumpft. Damit mehren sich die Anzeichen dafür, dass das chinesische Wirtschaftswachstum im zweiten Quartal an Fahrt verloren hat.

Der Einkaufsmanagerindex fiel von 50,4 im April auf nun 49,6 Punkte, wie HSBC Holdings Plc und Markit Economics am Donnerstag auf Basis vorläufiger Daten mitteilten. Er liegt damit wieder unter der Wachstumsschwelle von 50 Zählern.

Der Rückgang kam überraschend. Die 13 von Bloomberg News befragten Ökonomen hatten für Mai mit einem Stand von 50,4 Punkten gerechnet. Die asiatischen Börsen reagierten auf die Daten mit Abschlägen. Der MSCI Asia Pacific Index verlor zuletzt 3,5% auf 138,43 Zähler, das war der stärkste Kursverlust innerhalb eines Handelstags seit November 2011.

Die Abschwächung sei wirklich schlimm, sagte Ken Peng, Ökonom von BNP Paribas SA in Peking. Jetzt gebe es eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Chinas Wachstumsrate im zweiten Quartal unter dem ersten Quartal liegen werde.

Der Anstieg des chinesischen Bruttoinlandsprodukts (BIP) hatte sich im ersten Jahresviertel auf 7,7% verlangsamt. Im vergangenen Jahr war die Wirtschaft um 7,8% gewachsen. Das war die niedrigste Zuwachsrate in 13 Jahren.

Zuletzt hatten auch Daten zu den Anlageinvestitionen und der Industrieproduktion in China die Konsensprognosen verfehlt, während Indikatoren für verarbeitendes Gewerbe und Dienstleistungssektor sanken. Der Datenreigen könnte die Entschlossenheit von Premier Li Keqiang testen, keine weiteren Konjunkturhilfen aufzulegen. Dazu aber rät China-Ökonom Qu Hongbin von HSBC in Hongkong.

Die Daten spiegelten die schwächere Binnennachfrage und den anhaltenden Gegenwind aus dem Ausland wider, sagte Qu. Zudem machten Anzeichen für eine Verschlechterung am Arbeitsmarkt weitere Politikmaßnahmen erforderlich. Peking habe dazu immer noch ausreichend fiskale Munition.

NZZ vom 23. Mai 2013